Vortrag „Die unsichtbare Macht der digitalen Medien“ (19.06.2024)

Seit Handys zum Alltag vieler Kinder gehören, fragen sich Eltern: Was machen die da eigentlich und wann ist es zu viel? Martin Seidl hat uns in seinem Vortrag eine faszinierende Sicht darauf eröffnet, welche Elemente von Spielen und Social Media Kinder – und auch uns selbst – dazu verleiten, mehr und mehr Zeit mit ihnen zu verbringen: Angefangen damit, dass elementare Bedürfnisse wie Einfluss und Eingebundensein gezielt in virtuellen Spielsituationen angesprochen werden, über frühe, einfache Belohnungen, die Lust auf mehr machen, bis zum Versprechen, dass Langeweile durch unendliche Vorschaulisten zu besiegen ist. Und ein wissenschaftliches Experiment mit Ratten schafft einen ganz neuen Blick auf scheinbar harmlose Kanal-Abos auf Videoplattformen: Solange die Ratten Leckereien zusätzlich zum Futter zuverlässig und zeitlich vorhersehbar bekamen, waren sie zufrieden und gesellig. Sobald die Leckereien aber unregelmäßig und zufällig gegeben wurden, fingen sie an, um die Futterstelle zu wuseln und andere Tätigkeiten zu vernachlässigen. Jetzt wissen wir also, was hinter all den „XY hat neues Video gepostet“ und „Deine Ernte ist reif“ steckt – was Martin Seidl als „das große Maybe“ zusammenfasste, mit dem Anbieter uns und unsere Kinder an ihre Produkte binden wollen.

Aber Martin Seidl hatte auch einen positiven Ausblick dabei: Sucht, als Extremfall von Mediennutzung, entsteht nicht nebenbei, sondern braucht im Normalfall drei Grundlagen, die als „Suchtdreieck“ bekannt sind: Mensch, Milieu und Mittel. Und wir als Eltern können Vieles tun, um der möglichen Sucht diese Grundlagen zu entziehen: Ein vielseitig interessiertes Kind, das Sport treibt, mit anderen spielt, und kreativ ist, ist weniger anfällig. Wenn wir selbst, als Milieu, ein gutes Vorbild sind und alternativen Freizeitaktivitäten nachgehen und sie mit unseren Kindern teilen, dann sind Medien gleich viel weniger spannend. Und schließlich müssen die Sucht-Mittel eben auch verfügbar sein, und es kann schon helfen, internetfähige Geräte aus dem direkten Sichtfeld zu verbannen, oder zum Beispiel alle Handys und Tablets nur in einem festgelegten Raum, aber nicht im Kinderzimmer, zu nutzen. Darüber hinaus gab es viele konkrete Tipps, wie eine Webseite für Vereinbarungen zur Mediennutzung oder den Vorschlag, neue Spiele zunächst ohne Wertung mit den Kindern gemeinsam zu spielen.

Ein wiederkehrender Punkt war der Hinweis, dass die Fähigkeit des „tiefen Eintauchens“ in Themen und Gespräche verloren geht, wenn man sich zu sehr an das oberflächliche Surfen ohne Anstrengung gewöhnt. Martin Seidl verwies auf mehrere Studien, die schwindende Konzentrationsfähigkeit, Unruhe und Hyperaktivität und auch schwindende Empathie damit in Zusammenhang brachten. Als Gegenmittel empfahl er, was Kreative schon lange wissen: Ein gewisses Maß an Langeweile ist notwendig, um neugierig zu bleiben. Und wir als Eltern können unsere Kinder zum Eintauchen ermuntern, indem wir reichlich Möglichkeiten zu tiefen Erfahrungen in der realen Welt anbieten.

Was „Eintauchen“ auch bedeuten kann, zeigte der Vortrag selbst besonders gut: Trotz eines zeitlich parallel stattfindenden EM-Spiels fanden sich ca. 50 Teilnehmer in Präsenz ein und waren nach inhaltlich prall gefüllten zwei Stunden mit teils komplexen Zusammenhängen vielleicht ein bisschen überrascht, dass der Vortrag schon vorbei war.

Der Elternbeirat schlägt auf Bitten der Eltern vor, Martin Seidl auch einmal den SchülerInnen vortragen zu lassen. Allen Interessierten sei auch  unbedingt ein Blick auf die Webseite von Martin Seidl empfohlen, auf der er viele Informationen rund um das Thema Medien zusammengestellt hat: www.medienpraevention.info

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